Die skurrile Zahnhygiene der Wikinger: erstaunlich fortschrittlich

Ein erkrankter Zahn bereitet nicht nur immense Schmerzen, sondern eine unbehandelte Infektion kann sogar lebensbedrohlich sein. Diese heute wissenschaftliche Tatsache war jedoch auch schon den Menschen des Wikingerzeitalters bekannt. Neue Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass die nordischen Männer und Frauen des Mittelalters über bemerkenswerte Fähigkeiten verfügten, um sich bei Zahnproblemen zu helfen.

Zahnhygiene der Wikinger: Brachiale Eingriffe und verschönerte Zähne

Tief verborgen unter den Schichten von Erde und Geschichte, hinter einer alten Klosterkirche in Schweden, haben Archäolog*innen nicht nur aufregende Funde aus der Wikingerzeit gemacht, sondern auch Einblicke in die faszinierende Welt der nordischen Zahngesundheit erhalten. Von verschönerten Zähnen bis hin zu brachialen Eingriffen – die skurrilen Methoden der Wikinger-Zahnheilkunde lassen uns dabei staunen und gruseln zugleich.

Wütend, aggressive, aber auch brutal Zahn-hygienisch

Ein bärtiger Wikinger, gekleidet in einen prächtigen Fellumhang, steht vor seinem Schiff und brüllt kampfbereit in die Luft. Archaisch, aggressiv und wütend, so stellt man sich die alten Wikinger doch vor.

Doch wusstest du, dass hinter diesen raubeinigen Gestalten wahre Meister der Zahnpflege steckten? Denn wie neue Erkenntnisse belegen, waren die Zähne und deren Gesundheit für die Wikinger offenbar von großer Bedeutung – zumindest lässt dies eine neue Studie vermuten.

Nordische Zahngeschichte: Neue Erkenntnisse

Die neuesten Erkenntnisse aus Varnhem (Schweden) bringen Licht ins Dunkel der nordischen Zahngeschichte. Ein Team von wagemutigen Forscher*innen der Universität Göteborg hat sich durch tausende von Gräbern gewühlt, um das Geheimnis der Wikingerzähne zu lüften. Und was sie dabei entdeckten, lässt selbst die erfahrendsten Zahnmediziner*innen erstaunt zurück.

Die Analyse von über 3000 Zähnen aus dem 10. bis 12. Jahrhundert zeigt nämlich eine überraschende Entwicklung: Während die Kinderzähne erstaunlich makellos waren.

Jedoch zeigte sich mit fortschreitendem Alter eine Verschlechterung der Zahngesundheit, da die Häufigkeit von Karies zunimmt. Etwa 49 Prozent der untersuchten Gebisse wies eine oder mehrere Kariesläsionen auf, die oft am Zahnhals lokalisiert werden konnten.

Keine regelmäßige Zahnpflege

Diese Tatsache legt nahe, dass eine regelmäßige Zahnpflege von vielen vernachlässigt wurde. Zudem stieg das Risiko des Zahnverlusts bei den Wikingern mit zunehmendem Alter. Im Durchschnitt verloren Erwachsene im Laufe ihres Lebens etwa sechs Prozent ihrer Zähne, wobei Weisheitszähne nicht berücksichtigt wurden.

Offenbar hatten vor allem die Nordmänner ein Problem mit dem regelmäßigen Zähneputzen – aber wer kann es ihnen verübeln, wenn man bedenkt, dass sie in ihrer Freizeit „lieber“ anderen Tätigkeiten nachgingen.

@irinaskuld

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♬ original sound – Irina Skuld

Wikinger: Zahnhygiene sehr fortschrittlich

Dennoch waren sie, was Zahnheilkunde betrifft, sehr weit entwickelt. Denn obwohl das Zähneputzen nicht zu ihren Stärken zählte, scheuten die Wikinger keine Mühen, ihre Zähne zu pflegen oder sogar zu retten.

Von selbstgebastelten Zahnstochern bis hin zu brachialen Eingriffen mit Bohrern und Feilen – die nordische Zahnarztpraxis hatte einiges zu bieten. Und niemand hätte vor dieser wissenschaftlichen Erkenntnis auch nur geahnt, dass die Wikinger schon damals so etwas wie eine rudimentäre Zahnmedizin praktizierten.

Zahnhygiene der Wikinger: under construction

Besonders faszinierend sind die Funde von manipulierten Zähnen, die als eine Art Identitätsmerkmal gedient haben könnten. Die Wikinger schienen einen besonderen Wert daraufzulegen, ihre Zähne zu verschönern und zu individualisieren. Vielleicht war es damals sogar hip, mit kunstvoll bearbeiteten Zähnen durch die Gegend zu stolzieren – wer weiß?

„Es gab mehrere Anzeichen dafür, dass die Wikinger ihre Zähne verändert hatten, darunter Hinweise auf die Verwendung von Zahnstochern, das Feilen der Vorderzähne und sogar die zahnärztliche Behandlung von Zähnen mit Infektionen“, sagt Carolina Bertilsson, die führende Autorin der Studie am Institut für Zahnheilkunde der Universität Göteborg.

Komplexere Verfahren wurden an den Backenzähnen festgestellt, bei denen Löcher von der Oberfläche bis tief ins Zahninnere gefeilt wurden. Dies geschah vermutlich, um den Druck durch die Infektion zu mindern und die Schmerzen zu lindern.

Ein solches Vorgehen ähnelt dabei auf erstaunliche Weise den modernen Behandlungsmethoden unserer Zeit, bei denen infizierte Zähne gebohrt werden, um die Entzündung zu bekämpfen.

Zahnhygiene der Wikinger: ein Fazit

Die Forschungsergebnisse legen nahe, dass die Wikinger-Zahnheilkunde erstaunlich fortschrittlich war. Ob die Wikinger ihre Zähne selbst behandelten oder professionelle Hilfe in Anspruch nahmen, bleibt zwar ein Rätsel, aber eines ist sicher: Die Wikinger waren nicht nur Meister des Kampfes, sondern allem Anschein nach auch Autoritäten in Sachen Zahnhygiene.


Titelbild © boah.at via leonardo.ai