Phytopia Plus: Zara Zerbes fesselnder Debüt-Roman

Du glaubst, schon alles über unsere Zukunft gelesen zu haben? Zara Zerbe hat mit Phytopia Plus ein Buch geschrieben, das im Vergleich zu vielen Sci-Fi-Romanen, unsere Zukunft beängstigend nah und realistisch umrissen an uns heranrücken lässt. Mitreißend und brandaktuell, wie der neue Roman von Mareike Fallwickl Und alle so still.

Die Zukunft

Die Zukunft schleicht sich lautlos an uns heran und ist dann plötzlich da. So schnell, dass man die Übergänge im Moment ihres Auftretens nicht wirklich begriffen hat. Erst im Rückblick dann erkennt man die entscheidenden Umbrüche. Entscheidend ist auch der Debüt-Roman von Zara Zerbes Phytopia Plus, erschienen im Verbrecher Verlag.

Viele der Werke, die einen intelligenten Blick auf die Zukunft der Menschheit werfen, bleiben – trotz oftmals genialer Ideen – der Fiktion sehr verhaftet und zeichnen die Zukunft als etwas, das zu weit vor uns liegt. So weit, dass die Zukunft in diesen Büchern sehr abstrakt daher kommt.

Zu viel Sci-Fi und zu wenig von den aktuellen Problemen werden darin verhandelt. Diese aktuellen Probleme werden dabei durchaus weiterentwickelt und weitergedacht, sodass wir in diesen Romanen deren ferne Zukunft sehen. Doch können wir, in unseren derzeitigen Lebensumständen ausharrend, damit noch nicht wirklich viel anfangen. Wie schon gesagt, das alles bleibt zu abstrakt.

 

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Phytopia Plus von Zara Zerbe: die Zukunft ganz nah

Der Roman Phytopia Plus von Zara Zerbe ist diesbezüglich anders und entwirft ein Setting, das beängstigend gegenwärtig ist und in seinen Auswüchsen recht absehbar erscheint: Die Gesetzte wurden zum Wohle der Konzerne gelockert.

Der Mindestlohn ist keine gesetzliche Vorgabe mehr und man preist alle Unternehmen, die diesen freiwillig bezahlen. Die Ballungszentren sind megalomanisch unübersichtlich und gesäumt von der Kluft zwischen Reich und Arm, getrennt von bewachten Communitys.

Es ist jedoch wichtig zu erwähnen, dass das Zukünftige der Dystopie in Phytopia Plus nur am Rande aufscheint. Das jedoch immer noch gewaltig, da es existenzielle Auswirkungen hat. Nicht nur auf die Figuren der Geschichte, sondern auch auf die Lesenden. Denn die Umstände, die in Zara Zerbes Roman herrschen, könnten bald schon zu unserem Alltag werden und lassen sich daher als umso erschreckender empfinden.

Phytopia Plus: Bewusstsein auf Pflanzen digitalisieren

Eine Geschichte gibt es in Phytopia Plus von Zara Zerbe natürlich auch. Der Biotech-Konzern Drosera AG bietet seinen Kunden und Kundinnen an, ihr Bewusstsein auf der DNA einer Pflanze digitalisieren zu lassen. Kostenpunkt: 350.000 Euro. Die Heldin Aylin ist dabei jemand, der sich diesen Service natürlich nicht leisten kann, jedoch als Aushilfsgärtnerin in den Gewächshäusern der Drosera AG ein Leben am Existenzminimum führt. Da sie privat auch Hobbygärtnerin ist und online ihre Pflanzentriebe verkauft, dauert es natürlich nicht lange, bis auch die Gewächse der Firma ihr Interesse wecken und eine herrlich kleine wie feine Story sich entwickelt.

Phytopia Plus von Zara Zerbe fesselt mit seiner Darstellung der kleinen Welt einer Arbeiterin, die uns einen Alltag schildert, der schon bald zur Realität werden könnte. Gegenwärtige soziale Fragen werden pointiert weitergedacht und virtuos in eine intelligente Dystopie versponnen, die praktisch schon vor unseren Toren lauert. Darüber hinaus weiß jedoch auch das „gewöhnliche Leben“ der Heldin Alyin uns vorzüglich zu unterhalten.

Fazit

Phytopia Plus gelingt es wie selten einem Werk, die Zukunft annehmbar realistisch darzustellen. Wobei es gerade die kleinen Abweichungen zu unserem gegenwärtigen Alltag sind, die für Erschrecken sorgen. Zara Zerbe zeichnet eine subtile Dystopie, die in leisen Tönen eine geradezu fesselnde Bedrohlichkeit zu entwickeln vermag und spannend wie ein Thriller, auf ein überraschendes Ende hinzu steuert.


Titelbild © Erwan Hesry via Unsplash (Zugriff 21.06.2024)