Ganz in Rosamunde Pilcher-Manier präsentiert Netflix, mit der norwegischen Miniserie Mittsommernacht, eine herzerfrischende Fell-Food-Tragödie, die alle Stücke des Genres spielt. Und das so unverschämt gut, dass die Serie von Per-Olav Sørensenauf die Schnulzigkeit auf das nächstes Level holt – im positivsten aller Sinne. Sehenswert!
Netflix-Serie Mittsommernacht
Mittsommernacht ist eine norwegische Komödie, wo uns in jeder Einstellung eine Idylle entgegen knallt. Das Haus der Eltern ist mitten an einem See und in wunderschönem skandinavischem Stil gehalten. Die Familie ist groß und alle lieben sich – Multikulti inklusive!
Im Gegensatz zu hierzulande bekannten Filmen aus Norwegen, wie zum Beispiel Der schlimmste Mensch der Welt oder Sick of Myself, in denen es ans Eingemachte und über jede nur erdenkliche Schmerzgrenze geht, wirkt die Miniserie Mittsommernacht recht zahm. Doch das ist nur der erste Eindruck.
Norwegische Familienzusammenkunft
Denn hinter den Kulissen brodelt es. Die Mutter und der Vater wollen ihren Kindern etwas gestehen, doch was das genau ist, erfährt man nicht sofort. Darüber hinaus scheint jede*r der Gäste am Familientisch sein eigenes kleines Geheimnis mit sich herumzuschleppen. Geheimnisse, gewohnt dreckig, aber eben nicht zu sehr gewagt, wie es für das Genre eben typisch ist.
Was von der Grundkonstellation durchaus an einen hervorragenden Krimi erinnert – Und was wäre die Serie für ein Geniestreich, wenn es inmitten dieser honigsüßen Rosamunde Pilcher-Idylle zu einem Mord gekommen wäre? Wie blöd hätten wir alle aus der Wäsche gestarrt? – ist jedoch eine romantische Feel-Good-Serie, die mit den Herzschmerz-Filmen auf ORF2 vergleichbar ist.
Mittsommernacht transzendiert den Schnulz
Doch das Gute an Mittsommernacht ist, dass die Serie zwar sehr stark an Rosamunde Pilcher erinnert, aber zum Glück eben gerade nicht ausschließlich darauf reduziert werden kann. Denn die Macher schaffen es nämlich, dieses erzählerisch-unterirdische „Pilcher-Genre“ auf das nächste Level zu hieven.
Und das im besten Sinne. Denn die Charaktere der norwegischen Netflix-Serie sind viel besser und tiefer gezeichnet. Aber auch die Schauspieler*innen machen ihre Sache wirklich gut und der Plot ist um einiges komplexer (weil vielschichtiger) als in vergleichbaren Schnulzen.
Netflix-Serie Mittsommernacht: Pilcher, aber gut
Obwohl man sich schon manchmal auch ärgern kann, wie idyllisch diese Netflix-Serie daherkommt und wie über-dramatisch, die emotionalen Kinkerlitzchen oft dargestellt werden, so bilden die Konflikte der Figuren einen sehr guten Kontrast zu der traumhaft schnulzigen Landschaft.
Auch sind die Motive der Charaktere alles andere als bescheuert und werden in einem verdaulichen Realismus gehalten. Die norwegische Miniserie Mittsommernacht ist eine kleine Perle inmitten der sinnbefreiten Schnulzenformate und bietet Rosamunde Pilcher-Kost auf einem sehr, sehr hohem Niveau.
Mittsommernacht: ein kulinarischer Leckerbissen
Man darf ruhig an einen Haubenkoch denken, der das banale Grundrezept einer Currywurst verfeinert und mit so einigen kulinarischen Überraschungen aufschmecken lässt. Wobei das Schnulzige natürlich niemals zu kurz kommt.
Mittsommernacht ist eine extrem gelungene Serie und wenn man das Pilcher-Genre mag ist diese norwegische Glanzleistung ohnehin so etwas wie ein Pflichttermin für jedes Netflix and Chill Date. Fazit: Wenn alle ORF2 TV-Filmchen so wären wie Mitsommernacht, dann könnte man sich das wirklich ansehen.
Bilder: Courtesy of Netflix © 2023